SPD Kalifornien

SPD Los Angeles

Alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die sich aktuell in Los Angeles (bzw. im Großraum) aufhalten und Lust auf ein Zusammenkommen mit Gleichgesinnten haben, können sich gern bei Swen Steinberg (Swen.Steinberg@googlemail) in Los Angeles melden: lockere Treffen, tagesaktuelle Diskussionsrunden, Besuche von Institutionen, Organisationen und Parteien oder etwas Kultur - alles ist möglich.

Sozialdemokraten in Kalifornien

Wir sind zwar noch eine junge Verbindung von Sozialdemokraten in den USA, allerdings haben sozialdemokratische Ideen und Überzeugungen schon eine lange Tradition in den USA. So halfen viele deutsche Gewerkschafter und SPD Mitglieder beim Aufbau der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung mit und vor genau 100 Jahren wurde in San Francisco sogar der Arbeiterbildungsverein gegründet...natürlich mit tatkräftiger Unterstützung von Sozialdemokraten.

Occupy Bewegung in Oakland

Oakland – Jean Quan wäre so gerne dabei gewesen, doch der Spaß am Protestieren ist ihr nun nicht mehr vergönnt. Die Bürgermeisterin von Oakland wurde letztes Jahr mit einem äußerst fragwürdigen Wahlprozedere ins Amt gehoben. Sie hatte nicht die meisten Erststimmen, aber am Schluß lag sie doch vorne. Quan erklärte, sie habe eine “Grassroots”, eine Bürgerbewegung von unten angeführt, die letztendlich den Sieg brachte. In ihrem Wahlkampf betonte sie immer wieder, dass sie eine lebenslange Aktivistin sei und eigentlich keiner Demonstration aus dem Wege ging. Und dann sowas. Jean Quan flog letzte Woche nach Washington DC, ordnete aber noch an, dass das Camp der “Occupy Oakland” Bewegung vor dem Rathaus aus hygienischen und sicherheitsrechtlichen Gründen geräumt werden müsse. Während sie an der Ostküste verweilte, machte die Polizei am Dienstag klar Schiff, riss die Zeltstadt ab und setzte am Abend danach Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten ein. Jean Quan begann einen Eiertanz. Die Protestierenden machten sie verantwortlich, Quan knickte ein und schon am Mittwoch standen wieder Zelte vor dem Rathaus. Während Filmemacher Michael Moore jubelnd empfangen wurde und erklärte “Wir sind alle Oakland”, scheiterte der Versuch von Jean Quan zu den Demonstranten auch nur zu sprechen. Und noch schlimmer, für diesen Mittwoch wurde ein Generalstreik in Oakland ausgerufen. Man mußte im Vorfeld mit dem schlimmsten rechnen, denn klar war, Tausende von Demonstranten werden in Oakland sein, gegen Banken, Kapitalismus und Spekulanten protestieren, um anschließend zum Hafen zu marschieren mit dem Ziel, diesen zu blockieren. Jean Quan und die Polizei wußten, das könnte schief laufen. Aus der Luft wurde per Helikopter die Situation beobachtet, die Beamten selbst wurden in Nebenstraßen zusammen gezogen. Die Highway Patrol sicherte die Auffahrten zur Autobahn 880, denn es ging das Gerücht um, der Protestzug werde versuchen die Bay Bridge nach San Francisco zu stürmen. Doch bei herrlichstem Wetter blieb es ruhig und friedlich. Rund 20 Prozent der Lehrer in Oakland schlossen sich dem Streik an und blieben den Klassenzimmern fern. Zahlreiche Geschäfte in Downtown Oakland blieben geschlossen, fast 15 Prozent der “Longshoremen”, der Hafenarbeiter kamen nicht zum Dienst und etliche Gewerkschaften und Sozialverbände bekundeten ihre Solidarität mit der “Occupy Oakland” Bewegung und diesem Streik. Das Ergebnis war ein bunter Protestzug. Schüler, Studenten, Arbeiter, Angestellte, Rentner, Behinderte. Schwarze, Weiße, Asiaten und Latinos marschierten nebeneinander auf den Hafen zu. Eric kam direkt von der Arbeit, ein junger Familienvater, der meinte, er sei hier, weil er arbeite, seine Rechnungen zahle und ihm kaum was zum Leben bleibe. “Ich bin einer der 99 Prozent”, meinte er. Die 64jährige Immobilienmaklerin Greta kam, auch wenn es ihr eigentlich gut geht, wie sie sagte. “Ich habe zwei erwachsene Kinder und die haben es in diesem Land einfach nicht leicht. Deshalb bin ich hier.” Tanja ist Rentnerin und hat schon in den 60er Jahren in Berkeley die Protestbewegung miterlebt. Sie ist stolz auf das, was hier und heute passiert. Es sei eine Bewegung in Gang gebracht worden, die so einfach nicht mehr zu stoppen sei. Darauf hofft auch Edna, eine junge Frau, die glaubt, dass der Erfolg des Generalstreiks in Oakland auch auf andere amerikanische Städte überschwappen wird. “Dann haben wir eine amerikanische Revolution”. Eine Brass Band spielt, die obligatorischen Demo-Trommler sind auch dabei, ein verkappter Pete Seeger zupft auf der Gitarre herum und gibt ein paar Bob Dylan Klassiker zum besten. Es ist Feierstimmung im Hafengelände von Oakland. Viele Trucker sitzen fest, einige hupen laut und andauernd, um ihre Unterstützung mit dem Protestzug zu bekunden. Andere zucken nur mit den Schultern, was sollen sie auch machen, außer warten. Für ein paar Stunden ist der Hafen blockiert, nichts geht mehr. Der Schichtwechsel der “Longshoremen” ist behindert, die Gewerkschaft hat schon im voraus verkündet, dass es keine Streikbrecher geben werde, wenn der Protestzug groß genug sei. Und das ist er an diesem Abend. Die Ladekräne stehen still. Wie lange sich die “Occupy Wall Street” Bewegung in Oakland noch halten wird steht in den Sternen. Doch an diesem Mittwoch schöpfen sie alle Kraft und Hoffnung, dass sie mit ihren Spruchbändern, Tafeln und Rufen doch etwas erreichen können, ein bißchen Veränderung im amerikanischen Alltag. Die Gewerkschaft der Teamsters hat am Mittwoch auch gleich eine volle LKW Ladung Wasserflaschen im Lager der Demonstranten vorbei gebracht. “Das reicht für drei Monate”, meint Eric. “Jetzt fangen wir erst mal richtig an”. Und falls Du was zum Hoeren brauchst, hier ein Audiobericht: http://www.radiogoethe.org/audio/NZ/occupy.mp3

 

Die Genossen laden zum Tanz – 100 Jahre Arbeiterbildungsverein in San Francisco

1911 – Dienstag der 14. November: “Genosse Schlender lud zu einer Gründungsveranstaltung des “Allgemeinen Arbeiterbildungvereins” in die Tiv Halle ein”. Das ist der erste Eintrag in die Protokollbücher des Arbeiterbildungsvereins San Francisco, dem einzigen überhaupt in den Vereinigten Staaten. Gegründet wurde er von Sozialdemokraten und Gewerkschaftlern, die Deutschland aus politischen Gründen verlassen, doch ihre politische Überzeugung nicht vergessen hatten. An der amerikanischen Westküste wollte man sich mit diesem Verein gegenseitig unterstützen, einen Raum für fachliche und politische Fort- und Weiterbildung schaffen, aber auch durch kulturelle Veranstaltungen den Kontakt zur “Alten Heimat” nicht verlieren. Man orientierte sich an den Arbeiterbildungsvereinen, die bereits seit den 1830er Jahren im Deutschen Reich entstanden waren. Am Ende des 19. Jahrhunderts verschlimmerte sich die Situation für Mitglieder der sozialdemokratischen und sozialistischen Bewegung in Deutschland. Reichskanzler Bismarck nutzte 1878 zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm für das sogenannte “Sozialistengesetz”. Damit wollte er einen “Vernichtungskrieg führen durch Gesetzesvorlagen, welche die sozialdemokratischen Vereine, Versammlungen, die Presse, die Freizügigkeit (durch die Möglichkeit der Ausweisung und Internierung) träfen.“( Zit. nach Ullrich: Bismarck, S. 106). Viele Sozialdemokraten und Gewerkschaftsmitglieder verließen in den Folgejahren Deutschland. Sie glaubten an eine bessere Zukunft in Übersee. Auch die Weigerung vieler, nicht in der kaiserlichen Armee dienen zu wollen, machte die Auswanderung unumgänglich. Das weit entfernte San Francisco war für viele das Ziel. Um die Jahrhunderwende war die nordkalifornische Metropole eine boomende Stadt mit Arbeitsmöglichkeiten in der produzierenden Industrie. Hinzu kam das angenehme Klima und eine große deutsche Gemeinde mit vielfältigen kulturellen und sportlichen Angeboten, Gesangsvereinen und Hilfsorganisationen. Die Sozialdemokraten fanden auch hier am Pazifik schnell aufgrund ihrer “roten Wurzeln” zusammen, sprachen sich mit “Genosse” an, was auch in den Protokollbüchern des frisch gegründeten Arbeiterbildungsvereins übernommen wurde. Die Mischung aus Kultur und Politik bescherte dem Verein viele Mitglieder. Eine 10.000 Bücher umfassende Bibliothek half der Weiterbildung, eine eigene Theatergruppe führte deutsche Schauspiele auf, der eigene Chor hatte allein rund 200 Mitglieder. Daneben wurden politische und Sprachkurse angeboten. Während der Erste Weltkrieg in Europa tobte und die Anti-Deutsche Haltung in den USA zunahm, rückte man im Verein enger zusammen. Doch auch der Druck von außen verlangsamte den Mitgliederzuwachs nicht. In den 20er Jahren erreichte der Arbeiterbildungsverein San Francisco mit über 1000 Mitgliedern seinen Höhepunkt. Auch weiterhin half man Neuankömmlingen mit Weiterbildungsmöglichkeiten und in den Tagen der großen Depression organisierte der Verein sogar eine Küche für verarmte Mitglieder. All das unterstützte auf breiter Flur die Verwurzelung der Deutschen in der San Francisco Bay Area. Unzählige Ladeninhaber kamen als arme Immigranten an die amerikanische Westküste und arbeiteten sich mit der Unterstützung des Arbeiterbildungsvereins nach oben. Und man vergaß nie die Herkunft. Spendensammlungen wurden organisiert, u.a. für streikende Arbeiter in der alten Heimat und für “die kommunistischen Kinder in Deutschland und Österreich”. Aus Deutschland reisten sogar Reichstagsabgeordnete an, um in der vereinseigenen Tiv Halle vor vollem Haus Reden über die sozialistische und sozialdemokratische Bewegung zu geben. Politisch war der Arbeiterbildungsverein offen für Sozialisten, Sozialdemokraten und Kommunisten. Als 1924 Lenin verstarb, wurde im Protokollbuch festgehalten, dass es eine Abstimmung darüber gab, ob man in der Tiv Halle ein Portrait des sowjetischen Führers aufhängen sollte. Der Antrag wurde angenommen. Verwurzelt in der proletarischen Tradition und mit einer starken Mitgliederzahl im Rücken war der Arbeiterbildungsverein San Francisco auch tatkräftig am Aufbau der Gewerkschaftsbewegung vor Ort beteiligt. Man organisierte die Arbeiter in den zahlreichen Fabriken, den Produktionsstätten und im Hafenbereich. Die Wende für den Arbeiterbildungsverein San Francisco kam mit der Machtübernahme Hitlers 1933. In der eigenen Tiv Halle kam es immer wieder zu heftigen Diskussionen. Einige wenige Mitglieder applaudierten dem starken Führer und betonten, Deutschland brauche genau so einen Mann in dieser schwierigen Zeit. Doch der Großteil der Vereinsmitglieder stand zu seinen “roten Wurzeln” und verwies in den Diskussionen auch darauf, was in Deutschland mit Sozialdemokraten, Sozialisten, Kommunisten und organisierten Arbeitervertretern passierte. Ein ideologischer Bruch ging durch die eigenen Reihen. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde es für die Deutschen in San Francisco schwieriger offen aufzutreten. Erneut gab es eine ablehnende Haltung gegenüber allem Deutschen und die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit wurde für die deutschen Vereine und Organisationen drastisch beschnitten. Der innere Unfrieden und der erneute Druck von außen, brachten den Arbeiterbildungsverein San Francisco fast an seine Grenzen. Die Mitliederzahl sank erheblich und man konzentrierte sich von nunan mehr auf ein gemütliches Beisammensein, als auf die ursprüngliche politische Ausrichtung. Mit dem Ende des Krieges stand auch eine Neuausrichtung und ein Neuanfang für den Verein an. Die Mitglieder sehnten sich nach Informationen von drüben. Redner wurden eingeladen, um über die Situation im zerbombten Deutschland zu sprechen. Im Oktober 1947 kam der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Kurt Schumacher, für ein Treffen der “American Federation of Labor (A.F.L.)” nach San Francisco. Er besuchte dabei auch die Genossen des Arbeiterbildungsvereins in ihrer Tiv Halle, um über die schwierige Lage im Nachkriegsdeutschland zu berichten. Das Publikum, so ein Eintrag ins Protokollbuch, war begeistert davon, einen so hochrangigen Gastredner gewinnen zu können. Als Dank für den Besuch übergaben sie Schumacher einen Scheck für die notleidende Bevölkerung in Deutschland. Das war auch als eine symbolische Geste gedacht, um zu zeigen, wie sehr man noch mit der alten Heimat verbunden blieb. Mit den 50er Jahren erlebte San Francisco eine neue Welle deutscher Immigranten. Viele von ihnen waren froh darüber, hier am Pazifik auf eine florierende deutsche Gemeinde, mit Geschäften und Vereinen zu stoßen. Doch aufgrund der eigenen Erfahrungen in Nazi- und dem Nachkriegsdeutschland wollten sie sich nicht auf eine politische Organisation einlassen. Gefragt waren mehr kulturelle Veranstaltungen, Tanzabende und Konversationsgruppen. Die neue Führung des Arbeiterbildungsvereins war die erste, die nicht aus der starken Arbeiterbewegung der 20er Jahre kam. Sie luden Redner ein, die eher über deutsche Schriftsteller wie Heinrich Heine als über den Sinn und Zweck der politischen Bildung sprachen. Der langjährige Präsident des Arbeiterbildungsvereins, Karl Hartmann, der selbst 1953 von Hannover nach San Francisco kam, faßte es vor versammelter Mitgliedschaft so zusammen: “Das Grundübel ist über Politik und Religion zu diskutieren. Jeder kann seine Meinung und seine Überzeugung haben, aber im Verein reden wir nicht mehr darüber.” Die meisten Mitglieder folgten damals seinem Appell, der Verein erstarkte wieder. Man konzentrierte sich fortan auch auf die Bewahrung der deutschen Kultur und Sprache in der San Francisco Bay Area. So unterstützte man die Samstagsschulen, in denen Kinder von deutschen Immigranten ihre Muttersprache lernen sollten. Und an ihrem jährlichen Gala Dinner vergibt der Arbeiterbildungsverein Stipendien für Deutschlernende an den Samstagsschulen und Universitäten der San Francisco Bay Area. In diesem Jahr feiert der Arbeiterbildungsverein seinen 100. Geburtstag. Es könnte die letzte große Feier sein. Die meisten Mitglieder sind 75 Jahre und älter. Auf einer Mitgliederliste aus den frühen 90er Jahren sind mit Handschrift viele Kreuze neben den Namen gesetzt worden. Der Nachwuchs des einst wichtigsten deutschen Vereins in San Francisco bleibt ganz aus. Die jungen Deutschen, die hierher kommen, um an den Universitäten zu studieren, in den High Tech Schmieden des Silicon Valleys zu arbeiten, die noch heute dem vielversprechenden Ruf an die amerikanische Westküste folgen, haben kein Interesse an organisierten Vereinen. Man tauscht sich locker aus, trifft sich stattdessen online in google groups und auf facebook. Auch die eigenen Kinder der Mitglieder wollen kaum die Traditionen der Eltern weitertragen. Sie haben Deutsch gelernt, ja, doch sich hier Partner aus dem “Melting Pot” Amerika gesucht. Selbst Karl Hartmanns Tochter hat einen Amerikaner mit chinesischen Wurzeln geheiratet, erzählt er im Gespräch. Lachend, doch auch etwas nachdenklich. In diesen Jahren sterben überall in den USA deutsche Vereine, Chöre, Organisationen, die so viel aus der alten Heimat mit in die USA brachten. Sie halfen mit ihren deutschen Wurzeln ihre neue Heimat aufzubauen, zu gestalten, zu formen. Und wenn sich hier an der amerikanischen Westküste einmal ein Historiker mit der Arbeiterbewegung der 20er Jahre beschäftigen wird, dann wird er am sozialdemokratischen Arbeiterbildungsverein und seinem Einfluß nicht vorbei kommen. Der Verein verschwindet, seine beeindruckende Geschichte wird jedoch bleiben.