Netzpolitik muss moderne Gesellschaftspolitik sein!

Veröffentlicht am 13.04.2012 in Allgemein

Mit der Digitalisierung stehe der nächste große Umbruch nach der Industrialisierung, so Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Daher müsse die SPD sich mit der Netzpolitik als moderne Gesellschaftspolitik auseinandersetzen. Der SPD-nahe Verein "D64 – Zentrum für Digitalen Fortschrit e.V." hat nun ein Grundsatzpapier veröffentlicht, das Impulse für sozialdemokratische Programmatik geben könne, regt Klingbeil an.

Das Internet geht nicht mehr weg. Das sollte jeder begriffen haben. Spätestens die riesigen Demonstrationen mit mehr als 100.000 Teilnehmern gegen das internationale Handelsabkommen ACTA haben außerdem verdeutlicht, dass die Sozialdemokratie ihre Sensorik in einen großen Teil der politischen Jugend verloren hat. Bis zu den Demonstrationen war ACTA in großen Teilen der Politik unbekannt. Noch vor zehn Jahren wäre es nicht denkbar gewesen, dass es ein Thema geben würde, dass so viele Menschen mobilisiert und die SPD bisher keine umfassenden Antworten darauf hat. Dabei gibt es viele netzpolitische Themen die für sozialdemokratisches Denken pur stehen könnten.

Ende des Jahres 2011 hat sich der Verein „D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V.“ gegründet. Zielsetzungen des Vereins ist es, die Debatte um die Digitalisierung unserer Gesellschaft voranzubringen und Impulse für ihre politische Gestaltung zu geben. Zwar ist der überwiegende Teil der Gründungsmitglieder von D64 parteilos, viele der mittlerweile knapp 200 Mitglieder sind aber SozialdemokratInnen und wollen auch zur Weiterentwicklung der Programmatik der SPD beitragen.

Grundsatzpapier zur netzpolitischen Debatte

Der Verein D64 hat nun mit einer Charta ein Grundsatzpapier vorgelegt, das wichtige Eckpfeiler der netzpolitischen Debatten skizziert. Vor allem muss es darum gehen, die gesellschaftlichen Veränderungen umfassend zu begreifen. Netzpolitik darf kein Nischenthema mehr sein. Die Auswirkungen etwa auf die Arbeitswelt und die Anforderungen an Schutz in Zeiten einer digitalen Gesellschaft müssen in den Fokus der Arbeitsmarktpolitik rücken. Die SPD wäre gut beraten, sich die Charta genauer anzusehen und Impulse für die eigene Programmatik zu übernehmen.

Im Zentrum könnte der Begriff der Teilhabe beziehungsweise das „Recht auf Netz“ stehen. Die Sozialdemokratie hat sich immer für gleiche Chancen und Aufstiegsperspektiven eingesetzt. In der Charta von D64 heißt es hierzu: „Der freie Zugang zum Internet gehört zu den Grundrechten. Die ökonomische Situation darf einzelne Bürgerinnen und Bürger nicht aus dem Netz ausschließen. Menschen, die sich die notwendige Hardware sowie einen Netzzugang nicht leisten können, müssen diese Möglichkeiten unentgeltlich erhalten. Das ist eine staatliche Aufgabe. Denn wer aus dem Netz ausgeschlossen ist, ist aus der Gesellschaft ausgeschlossen.“

Mehr direkte Demokratie

Auch das alte Motto Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen“ kann durch die Digitalisierung neu belebt werden. Dieses Thema sollte die SPD keiner anderen Partei überlassen. D64 schreibt hierzu: „Das Netz bietet Chancen für Beteiligung, für Transparenz und mehr Bürgernähe. Staatliche und politische Institutionen müssen die Möglichkeiten verstärkten Bürgerdialogs be- und ergreifen. Die Kompetenz und Kreativität der Netznutzer bietet eine große Chance, um durch netzbasierte Partizipation Probleme und Handlungsbedarf schneller zu erkennen, die Meinungsbildung differenzierter zu betreiben und Meinungsbilder schneller zu erheben. An diesen Prozessen müssen staatliche und demokratische Institutionen nicht nur selbst dialogisch und zuhörend teilnehmen. Sie müssen vielmehr die Bürgerin- nen und Bürger aktiv dazu ermutigen, ihr eigenes Wissen, ihre Meinung und ihre Stimme in diesen Prozessen einzubringen.“

Digitalisierung: der nächste große Umbruch

Netzpolitik muss moderne Gesellschaftspolitik sein. Die Auswirkungen auf Bildung, Wirtschaft, Arbeit und alle anderen Politikbereiche durch die Digitalisierung müssen begriffen und gelebt werden. Die SPD war die erste Partei, die eine umfassende politische Antwort auf die Herausforderung der Industrialisierung gegeben hat. Mit der Digitalisierung steht nun der nächste große Umbruch bevor. Da bringt es nix, abzuwarten und zu zaudern. Die SPD sollte mit Lust die neuen Herausforderungen anpacken. Ein Blick in die Charta von D64 kann dabei sicherlich helfen.

Sie können sich weitergehend über den Verein auf seiner Internetseite d-64.org informieren. Die Charta finden Sie unter diesem Artikel zum Download. Wir freuen uns auch hier auf Ihre Diskussionsbeiträge zur sozialdemokratischen Netzpolitik.