„Soziale Ungleichheit bedroht den Frieden“

Veröffentlicht am 05.03.2014 in Europa
Martin Schulz beim Politischen Aschermittwoch

Der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokratie für die Europawahl am 25. Mai, Martin Schulz, hat beim Politischen Aschermittwoch im bayerischen Vilshofen mit einer kämpferischen Rede für Begeisterung gesorgt: Um das Friedensprojekt Europa gegen Populisten zu verteidigen, müsse für mehr soziale Gerechtigkeit gesorgt werden.

Seit knapp 70 Jahren gebe es zwischen den Staaten Europas Frieden, sagte Schulz am Mittwoch – „das ist keine Selbstverständlichkeit!“ Was es bedeutet, wenn Frieden zerbricht, könne man in diesen Tagen auf der ukrainischen Halbinsel Krim beobachten, so Schulz.

EU ist Bedingung für Frieden

„Ich kritisiere die EU da, wo sie defizitär ist. Da, wo sie nicht demokratisch genug ist und sich um sich selbst dreht“, sagte Schulz. Dennoch sage er allen ihren Kritikerinnen und Kritikern, gerade auch mit Blick auf die Krim-Krise: „Ich verteidige die EU und ich werbe für sie – aus einer tiefen, inneren Überzeugung und aus einem Grundsatz: Dass wenn Staaten sich vertrauen und kooperieren, dies zum Wohlstand aller beiträgt!“

Nicht der Frieden habe die EU geschaffen, so Schulz: Die europäische Einigung, die Zusammenarbeit ihrer Mitgliedstaaten und ihrer Bürgerinnen und Bürger über nationale, ökonomische, kulturelle politische Grenzen hinweg – all dies halte den Frieden aufrecht.

Soziale Ungleichheit bedroht Europa

Doch dieser Zusammenhalt gerate zunehmend in die Krise, so der EU-Parlamentspräsident: „Die soziale Ungleichheit bedroht den Frieden nach Innen.“ Es könne nicht sein, „dass wir ein einem Europa leben, in dem Banken ungehemmt spekuliert haben und Milliardengewinne gemacht – ohne Steuern zu zahlen.“

Während in der gleichen Zeit jene Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die die Banken in der Krise einst vor dem Zusammenbruch bewahrt haben, in Europa teils zu Hungerlöhnen in einer „Scheinsklaverei“ schuften, ihre Jobs und ihr Haus verlieren – und ihre erwachsenen Kinder auf 300 Bewerbungen nichts als Absagen bekommen, so Schulz.

Menschen verlieren das Vertrauen in Europa

„Das ist nicht irgendwo in Afrika oder Lateinamerika – das ist in Europa“, sagte der 58-Jährige. Aufgrund dieser eklatanten Schieflage hätten viele Menschen in Europa das Vertrauen in die EU und ihre Politikerinnen und Politiker verloren. Deshalb setze Schulz sich für eine Bankenunion, verschärfte Bekämpfung von Steuerbetrug und einen europäischen Mindestlohn ein.

„Die überwältigende Mehrheit von Menschen sind für die europäische Idee“, stellte Schulz fest. „Doch immer mehr haben Leute Zweifel, dass die EU diese Idee noch vertritt.“

Die europäische Sozialdemokratie müsse dieses Vertrauen nun wieder zurückgewinnen. Doch dies könne nur gelingen, wenn die Menschen spüren, dass die Sozialdemokraten für ihre Sorgen noch Mitgefühl haben – „und dieses umsetzen für ein gerechteres und besseres Europa.“

Die EU vom Kopf auf die Füße stellen

Die EU müsse reformiert werden, soll die europäische Idee – „eine der großen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts“ -, so Schulz: „Wir müssen sie demokratischer und sozialer machen. Wir müssen sie vom Kopf auf die Füße stellen!“

Die Zeit drängt, denn: „Die Rechten, deren Programm es immer war, die Völker aufeinander zu hetzen – die sind wieder da“, so der EU-Parlamentspräsident. „Die wären alle in der Lage, Europa wieder ins Unglück zu stürzen.“

Alternative zu Europa ist Nationalismus

Die Alternative zu Europa sei Renationalisierung und Nationalismus – und „Nationalismus heißt am Ende immer: Krieg!“ Deshalb müsse das europäische Projekt verteidigt werden, in dem man es reformiert – und die EU endlich demokratischer, sozialer und gerechter macht.

„Und wer will, der kann das am 25. Mai mit seiner Stimme tun“, so Schulz zum Abschluss seiner Rede unter großem Applaus.