Sieben zusammenfassende Thesen Sozialdemokratische Sicherheitspolitik und die Konsequenzen für die Bundeswehr

Veröffentlicht am 21.02.2011 in Allgemein

Wir Danken den Bundestagsabgeordneten Susanne Kastner und Rainer Arnold für die anregende Diskussion darüber hinaus stellen wir euch das Thesenpapier Sozialdemokratische Sicherheitspolitik und die Konsequenzen für die Bundeswehr von Lars Klingbeil, MdB und Christos Katsioulis (FES)vor.

"Kein nationales Interesse lässt sich heute noch von der Gesamtverantwortung für den Frieden trennen. Jede Außenpolitik muß dieser Einsicht dienen. Als Mittel einer europäischen und weltweiten Sicherheitspolitik hat sie Spannungen abzubauen und die Kommunikation über Grenzen hinweg zu fördern.“ (W. Brandt 1971)

Sieben zusammenfassende Thesen

1. Von der Theorie in die Praxis: Deutsche Sicherheitspolitik muss endlich umfassend sein

Der organisatorische Aufbau der deutschen Sicherheitspolitik muss evaluiert und angepasst werden. Sicherheitspolitik hat sich zu einem Querschnittsbereich verschiedener Politikfelder entwickelt. Eine ressortübergreifende Analyse und Planung ist notwendiger denn je und muss in der Ausarbeitung einer Nationalen Sicherheitskonzeption aufgehen. Erst wenn der umfassende Ansatz Realität wird,
wird Sicherheitspolitik effizient sein.

2. Auf dem Weg zu einer europäischen Armee

Ziel sozialdemokratischer Sicherheitspolitik ist die Europäisierung der
Sicherheitspolitik. Dies muss auch die Streitkräfte umfassen. Bedrohungslage sowie sicherheits- und verteidigungspolitische Herausforderungen sind für die europäischen Partner nahezu deckungsgleich. Neue sicherheitspolitische Anforderungen, finanzpolitische Sachzwänge und beschaffungspolitische Synergien verdeutlichen die Notwendigkeit einer Europäisierung der Verteidigungspolitik. Die
demokratische und parlamentarische Verankerung europäischer Streitkräfte ist dabei für die Sozialdemokratie existenziell.

3. Flexibilisierung des sicherheitspolitischen Instrumentariums

Vielfältige und zumeist schwer greifbare Bedrohungen deutscher europäischer und internationaler Sicherheit brauchen flexible Antworten. Terrorismus, organisierte Kriminalität und Cyber-Warfare können nicht mit dem klassischen, d.h. militärischen Mitteln abgewehrt und eingedämmt werden. Stattdessen müssen nicht-militärische Instrumente wie Polizei, Geheimdienste und andere Sicherheitsorgane zunehmend untereinander und international vernetzt werden.

4. Aktive deutsche Sicherheitspolitik im multilateralen Rahmen

Deutsche Sicherheitspolitik ist multilaterale Sicherheitspolitik. Deutschland muss die Triebfeder des effektiven Multilateralismus ausgehend von Europa sein. Es ist an Deutschland in der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU voranzugehen. Ein aktives Eintreten für globale Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik, aber auch für Initiativen, die eine weitere europäische Integration im Sicherheitsbereich zur Folge haben, gehört auf die Agenda der deutschen Sicherheitspolitik.

5. Die Bundeswehr im Wandel

Der Bundeswehr der Zukunft hat zwei Hauptaufgaben: Zum einen die klassische Landes- und Bündnisverteidigung und zum anderen der völkerrechtlich mandatierte Einsatz außerhalb des Bündnisgebiets. Beide Aufgaben erfordern unterschiedliche Fähigkeiten. Das Fähigkeitsprofil ist jedoch eng mit der europäischen Integration der Streitkräfte und der sicherheitspolitischen Strategie Deutschlands verbunden.
Ohne eine entsprechende Bewertung dieser Determinanten, kann ein Konzept für die Fähigkeiten der Bundeswehr nicht endgültig sein.

6. Gesellschaftlicher Rückhalt für Sicherheitspolitik

Sicherheitspolitik gehört in die gesellschaftliche Debatte. Den Auslandseinsätzen der Bundeswehr fehlt der Rückhalt in der Gesellschaft. Welche sicherheitspolitische Verantwortung das wiedervereinigte Deutschland in einer sich wandelnden Welt wahrzunehmen hat, wurde nie breit diskutiert. Aber nur wenn es den zuständigen demokratischen Institutionen gelingt über eine öffentliche Debatte den nötigen
gesellschaftlichen Rückhalt für eine deutsche Sicherheitspolitik zu generieren, kann diese nachhaltig sein.

7. Die Bundeswehr in der Gesellschaft

Eine sicherheitspolitische Kultur ist eng mit der gesellschaftlichen Anerkennung für die Soldatinnen und Soldaten verknüpft. Zu einer sicherheitspolitischen Kultur gehört auch, dass der Staatsbürger in Uniform aktiver in Erscheinung tritt. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht muss sich die Bundeswehr dem gesellschaftlichen Wettbewerb um die besten Köpfe und Hände stellen. Dies wird nur durch eine massive Attraktivitätssteigerung gelingen.