Occupy Bewegung in Oakland - SPD Kalifornien

Veröffentlicht am 07.11.2011 in Allgemein

Oakland – Jean Quan wäre so gerne dabei gewesen, doch der Spaß am Protestieren ist ihr nun nicht mehr vergönnt. Die Bürgermeisterin von Oakland wurde letztes Jahr mit einem äußerst fragwürdigen Wahlprozedere ins Amt gehoben. Sie hatte nicht die meisten Erststimmen, aber am Schluß lag sie doch vorne. Quan erklärte, sie habe eine “Grassroots”, eine Bürgerbewegung von unten angeführt, die letztendlich den Sieg brachte. In ihrem Wahlkampf betonte sie immer wieder, dass sie eine lebenslange Aktivistin sei und eigentlich keiner Demonstration aus dem Wege ging.

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Und dann sowas. Jean Quan flog letzte Woche nach Washington DC, ordnete aber noch an, dass das Camp der “Occupy Oakland” Bewegung vor dem Rathaus aus hygienischen und sicherheitsrechtlichen Gründen geräumt werden müsse. Während sie an der Ostküste verweilte, machte die Polizei am Dienstag klar Schiff, riss die Zeltstadt ab und setzte am Abend danach Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten ein. Jean Quan begann einen Eiertanz. Die Protestierenden machten sie verantwortlich, Quan knickte ein und schon am Mittwoch standen wieder Zelte vor dem Rathaus. Während Filmemacher Michael Moore jubelnd empfangen wurde und erklärte “Wir sind alle Oakland”, scheiterte der Versuch von Jean Quan zu den Demonstranten auch nur zu sprechen. Und noch schlimmer, für diesen Mittwoch wurde ein Generalstreik in Oakland ausgerufen.
Man mußte im Vorfeld mit dem schlimmsten rechnen, denn klar war, Tausende von Demonstranten werden in Oakland sein, gegen Banken, Kapitalismus und Spekulanten protestieren, um anschließend zum Hafen zu marschieren mit dem Ziel, diesen zu blockieren. Jean Quan und die Polizei wußten, das könnte schief laufen. Aus der Luft wurde per Helikopter die Situation beobachtet, die Beamten selbst wurden in Nebenstraßen zusammen gezogen. Die Highway Patrol sicherte die Auffahrten zur Autobahn 880, denn es ging das Gerücht um, der Protestzug werde versuchen die Bay Bridge nach San Francisco zu stürmen.
Doch bei herrlichstem Wetter blieb es ruhig und friedlich. Rund 20 Prozent der Lehrer in Oakland schlossen sich dem Streik an und blieben den Klassenzimmern fern. Zahlreiche Geschäfte in Downtown Oakland blieben geschlossen, fast 15 Prozent der “Longshoremen”, der Hafenarbeiter kamen nicht zum Dienst und etliche Gewerkschaften und Sozialverbände bekundeten ihre Solidarität mit der “Occupy Oakland” Bewegung und diesem Streik. Das Ergebnis war ein bunter Protestzug. Schüler, Studenten, Arbeiter, Angestellte, Rentner, Behinderte. Schwarze, Weiße, Asiaten und Latinos marschierten nebeneinander auf den Hafen zu. Eric kam direkt von der Arbeit, ein junger Familienvater, der meinte, er sei hier, weil er arbeite, seine Rechnungen zahle und ihm kaum was zum Leben bleibe. “Ich bin einer der 99 Prozent”, meinte er. Die 64jährige Immobilienmaklerin Greta kam, auch wenn es ihr eigentlich gut geht, wie sie sagte. “Ich habe zwei erwachsene Kinder und die haben es in diesem Land einfach nicht leicht. Deshalb bin ich hier.” Tanja ist Rentnerin und hat schon in den 60er Jahren in Berkeley die Protestbewegung miterlebt. Sie ist stolz auf das, was hier und heute passiert. Es sei eine Bewegung in Gang gebracht worden, die so einfach nicht mehr zu stoppen sei. Darauf hofft auch Edna, eine junge Frau, die glaubt, dass der Erfolg des Generalstreiks in Oakland auch auf andere amerikanische Städte überschwappen wird. “Dann haben wir eine amerikanische Revolution”.
Eine Brass Band spielt, die obligatorischen Demo-Trommler sind auch dabei, ein verkappter Pete Seeger zupft auf der Gitarre herum und gibt ein paar Bob Dylan Klassiker zum besten. Es ist Feierstimmung im Hafengelände von Oakland. Viele Trucker sitzen fest, einige hupen laut und andauernd, um ihre Unterstützung mit dem Protestzug zu bekunden. Andere zucken nur mit den Schultern, was sollen sie auch machen, außer warten.
Für ein paar Stunden ist der Hafen blockiert, nichts geht mehr. Der Schichtwechsel der “Longshoremen” ist behindert, die Gewerkschaft hat schon im voraus verkündet, dass es keine Streikbrecher geben werde, wenn der Protestzug groß genug sei. Und das ist er an diesem Abend. Die Ladekräne stehen still.
Wie lange sich die “Occupy Wall Street” Bewegung in Oakland noch halten wird steht in den Sternen. Doch an diesem Mittwoch schöpfen sie alle Kraft und Hoffnung, dass sie mit ihren Spruchbändern, Tafeln und Rufen doch etwas erreichen können, ein bißchen Veränderung im amerikanischen Alltag. Die Gewerkschaft der Teamsters hat am Mittwoch auch gleich eine volle LKW Ladung Wasserflaschen im Lager der Demonstranten vorbei gebracht. “Das reicht für drei Monate”, meint Eric. “Jetzt fangen wir erst mal richtig an”.