Waffenhandelsabkommen gescheitert

Veröffentlicht am 01.08.2012 in transatlantische Beziehungen

Die Verhandlungen über das erste globale Waffenhandelsabkommen ATT sind gescheitert. Auch nach sechs Jahren Vorbereitungszeit haben sich die UN-Mitgliedsstaaten am Freitag in New York nicht auf einen gemeinsamen Entwurf einigen können. Nun soll nachverhandelt werden. Die SPD-Abrüstungsexpertin Uta Zapf ist enttäuscht: „Eine große Chance wurde vertan.“

Der argentinische Konferenzpräsident Roberto Garcia Moritán hatte in der Nacht zum Samstag irgendwann die Reißleine gezogen, weil kein Konsens in Sicht war – und weil die USA, Russland und China sich Beobachterkreisen zufolge noch mehr Verhandlungszeit ausgebeten hatten. Sechs Jahre Vorarbeit und vierwöchige Verhandlungen in New York hatten den drei großen Waffenexportnationen anscheinend nicht ausgereicht, um in den entscheidenden Punkten voranzukommen. Doch auch Länder wie Algerien, Ägypten, der Iran, Nordkorea und Syrien haben das Abkommen verhindert, so die zuständige Expertin von Amnesty International, Katharina Spieß.

Historische Chance vertan

Die stellvertretende außenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Uta Zapf äußerte sich am Montag bestürzt über das Scheitern von ATT: „Eine große Chance wurde vertan, weltweit den Handel mit konventionellen Waffen mit Restriktionen zu versehen und durch ein Melderegister transparenter zu machen.“ Damit hätte der Verkauf von Waffen in Staaten, die Menschenrechte verletzen, verhindert werden können. Dies angesichts der aktuellen Lage in Syrien besonders bedenklich: „So wären Waffenlieferungen an Syrien nicht mehr möglich geworden.“

Zapf macht vor allem die großen Lieferanten USA, Russland und China für das Scheitern in letzter Minute verantwortlich – „obwohl bei den Verhandlungen viele Kompromisse gemacht wurden und der Text an vielen Stellen eingeschränkt und verwässert worden war.“

Mit Blick auf immer neue Berichte über deutsche Waffenlieferungen an Staaten wie Saudi Arabien, Indonesien oder zuletzt Katar spricht Zapf vom „Hohn“ der Rüstungspolitik der Bundesregierung: Diese gebe sich zwar stets abrüstungsfreundlich, plane aber zur gleichen Zeit, „die eigenen Rüstungsexportregeln über Bord zu werfen und in Staaten wie Saudi-Arabien und Katar Panzer zu liefern.“

Es darf weitergeschossen werden

Das Ende der jetzigen Verhandlungen bedeutet noch nicht das endgültige Aus für das Waffenhandelsabkommen ATT. So heißt es in einer Erklärung von knapp 90 Teilnehmerländern, darunter auch Deutschland, der Entwurf für das Abkommen werde von den meisten Ländern gebilligt und sei eine gute Grundlage für künftige Verhandlungen.

Die sind nach Meinung von Beobachtern auch bitter nötig. Dem „Tagesspiegel“ vom Montag zufolge hätte das Abkommen „auf kaum absehbare Zeit Standards ins Werk gesetzt, die jene Europas unterbieten.“ Diese wiederum würden die deutschen unterbieten – und so einen verhängnisvollen Unterbietungswettlauf erzeugt. „Im Namen der Wettbewerbsgleichheit wären die relativ strengen Richtlinien hierzulande durch den Vertrag früher oder später vonseiten der Rüstungsindustrie unter Druck geraten – und eher früher als später aufgeweicht worden.“

Bis es zu einer endgültigen Einigung kommt, geht die Gewalt indes weiter: „Jede Minute stirbt ein Menschen durch Waffengewalt“, so Amnesty-Expertin Spieß

(mit dpa Daniel von Fromberg • 30. Juli 2012)